Tag 950
Melbourne
KM 90675
Von der Tasman Peninsula ging es zurück an den schönen Campingplatz von letzter Nacht und am nächsten Tag weiter zu Freycinet.
Hier angekommen, werde ich freundlichst von einem Känguru mit kleinem Joey begrüßt. Auf der Suche nach Essen von den Besuchern hat es bei mir aber keinen Erfolg.
Es ist bereits Nachmittag und so mache ich nur eine 3 km Wanderung bis zum Wineglass Bay Lookout.
Am Aussichtspunkt gibt es drei Plattformen, von denen man eine super Aussicht auf Wineglass Bay und Wineglass Beach hat.
Doch das, was mich hier stört, ist eine Familie mit drei Kindern. Gebieterisch werden die Kinder angewiesen, sich an jeder Plattform für ein Foto aufzustellen. Es werden dutzende Fotos gemacht und immer wieder Befehle gegeben, wie sie zu schauen und was sie zu machen haben. Die Kinder sind sichtlich genervt und grinsen für einen Augenblick für die Kamera, bevor sie genervt weiterschmollen. Die Kinder scheinen ihren Urlaub nicht zu genießen, während die Eltern weiter befehlen „Benehmt euch, wir sind nur einmal hier.“ „Stellt euch das auf. Leg den Stock Weg. Stell dich dazu. Noch ein Bild.“
Als bräuchte man an jeder Stelle zu jedem Zeitpunkt ein Bild, auf dem die Kinder oder die Familie zu sehen ist, da man ja sonst nicht wirklich da war.
Dies ist das einzige Foto, das ich am Aussichtspunkte gemacht habe. Es ist die beste Aussicht, es ist real, authentisch und auch wenn ich nicht auf dem Bild bin, war ich trotzdem da. Würden die Eltern dieser Familie genau so denken, hätten ihre Kinder eventuell auch Vergnügen an dem Ausflug und dem Urlaub.
Ich gehe der Familie so gut es geht aus dem Weg und gehe zurück zum Parkplatz. Alle anderen Wanderungen hier sind recht lang und mir ist nicht danach einen drei Stunden Umweg zu nehmen, um einen Strand zu sehen.
Stattdessen fahre ich weiter zu meinem Campingplatz, Friendly Beaches. Der Campingplatz hier ist wieder gut gefüllt, aber ich finde eine Ecke in der Nähe des Loo. Hier bin ich wieder so nah am Strand, dass ich beim Rauschen des Meeres einschlafe.
Vorher rede ich aber noch kurz mit meinen Nachbarn, die, wie ich sehe, Wackelpudding spielen 😀
Ich spreche sie darauf an, sie kennen es unter dem Namen „Cambio“ und haben ein wenig vereinfachte Regeln. Leider ist es schon spät und so können wir keine gemeinsame Runde mehr spielen.
Am nächsten Tag fahre ich weiter nach Norden. Eigentlich war es mein Plan ins Landesinnere zu fahren, um einen Umweg mit guter Szenerie zu nehmen, aber wie ich in den Westen blicke, sehe ich nur schwarze Regenwolken. Also entscheide ich mich, an der Küste zu bleiben.
Es geht nach Binalong Bay, wo ich mir an einem ungestörten Ort die Haare schneiden kann und danach am Strand kurz ins Wasser und dann unter die Dusche steigen kann.
Weiter geht es zur Bay of Fires, benannt nach den Lagerfeuern, die die ersten Entdecker an der Küste gesehen haben. Aber auch passend auf Grund der rot gefärbten Steine, die eine wundervolle Farbe zum Sonnenuntergang haben. So lange bleibe ich jedoch nicht.
Den Sonnenuntergang genieße ich am Swimcart Beach Campground. Es gibt viele gratis Campingplätze hier an der Küste und alle sind zur Zeit ziemlich überfüllt. Man findet kaum noch einen Platz. Aber nach zwei Versuchen, bei denen mir bei den Campermassen schon schlecht geworden ist, habe ich hier einen Platz gefunden, der nur zu Fuß erreichbar ist. Ich habe einfach mein Motorrad geparkt und bin dann 50m weiter zum ersten freien Spot gelaufen. Wieder direkt am Strand mit dem konstanten Rauschen der Wellen.
Ich verbringe eine entspannte Nacht ohne Kontakt zu anderen Campern und fahre dann weiter Nach Westen zu den St. Columba Falls.
Auf der Straße zum Wasserfall und auf dem Weg zurück kommt mir die Landschaft sehr europäisch vor. Grüne Wiesen, Wälder, Kühe, Berge im Hintergrund…
…doch wenn man einen kleinen Stopp im Wald macht, merkt man direkt, dass man hier in einem Tropenwald ist.
Für die Nacht komme ich wieder an einem gratis Campingplatz unter, von wo ich am nächsten Morgen zu den Liffey Fall gehe.
Auf dem Weg zu Cradle Mountain mache ich einen Zwischenstopp an den Marakoopa Caves, wo ich noch das letzte Ticket der letzten Führung ergattern kann.
Eine Stunde werde ich mit zwei anderen Familien durch die kühle Höhle geführt. An einer Stelle wird das Licht ausgeschaltet, sodass man in kompletter Finsternis Glühwürmchen an der Decke entdecken kann.
Danach übernachte ich an einem Fluss, an dem ich mich mit meinen Campingnachbarn anfreunde. Ich unterhalte mich morgens noch recht lange mit dem Pärchen und fahre erst spät zu Cradle Mountain.
Die beiden hatten mir geraten den Cradle Mountain zu besteigen. Doch die Wanderung ist 10km lang und geht von 1000m bis auf 1450m mit steilem und schwierigem Aufstieg gegen Ende.
Deshalb habe ich mich für meinen ersten Tag für eine kleine Wanderung entschieden und wollte morgen mehrere kleine Wanderungen machen. Bei meiner heutigen Wanderung um den Dove Lake bin ich jedoch bereits nach einem Kilometer von den anderen Besuchern genervt und so entscheide ich mich bergauf zum Marion Lookout zu gehen. Dieser liegt nur auf halbem Weg zu Cradle Mountain und bietet bereits eine atemberaubende Aussicht.
Ich gehe noch ein Stück weiter Richtung Cradle Mountain, aber drehe dann wieder um und beende in Ruhe meine Runde um den Dove Lake, da jetzt die meisten Besucher den Nationalpark verlassen haben. Der Ballroom Forest ist dabei besonders schön.
Am Ende des Rundgangs komme ich an eine Aussichtsplattform, an der ein Pärchen eine Fotosession macht. Er fotografiert seine Freundin mit voller Fotografen-Energie. Ich biete den beiden an, ein Foto von ihnen machen zu können und danach bietet der Freund mir das gleiche an. Mit meinem Handy bewaffnet spornt er mich an gute Posen zu machen; „ja super, genau, klasse…!“ Ziemlich witziger Typ.
Zurück am Motorrad finde ich einen Zettel an meinem Lenker. Der Zettel ist von Jude und Dean, die auf der 1200GS unterwegs sind, neben der ich geparkt hatte. Sie haben mein Nummernschild und all meinen Sticker gesehen und würden sich gerne mit mir treffen und sich unterhalten. Super nett, ist auf meine Reise bisher nicht passiert, dass jemand eine Notiz hinterlassen hat 🙂
Ich antworte ihnen, dass ich noch einen weiteren Tag in Cradle Mountain verbringen werde und mich dann mit ihnen auf dem Weg zur Fähre treffen kann.
Ich fahre vom Nationalpark wieder zurück zu meinem Campingplatz von gestern, mit großem Umweg in den nächstgelegenen Ort, um Essen einzukaufen. Zurück am Campingplatz treffe ich wieder meine netten Nachbarn und unterhalte mich mit ihnen über meinen Tag. Jetzt überzeugen sie mich auch morgen Cradle Mountain zu besteigen.
Am nächsten Tag fahre ich dann bereits vormittags zurück zum Nationalpark und beginne die 5km zur Spitze.
Wieder vorbei am Marion Lookout geht es zum Fuße des Berges.
Von hier beginnt der schwierige Teil der Wanderung. Es geht steil bergauf über teils große Felsen, bei denen selbst ich mit meinen langen Beinen schwer hoch komme.
Zwei Stunden und zehn Minuten nachdem ich vom Parkplatz gestartet bin, komme ich an der Spitze an. Mächtig aus der puste werde ich mit einem super Ausblick belohnt.
Oben an der Spitze hat auch der Vater, mit dem ich hinauf gestiegen bin, seinen Sohn und dessen Kumpel wiedergetroffen, die ohne ihn voraus gegangen waren. Der Vater hat sich gewundert, wie die beiden 15-jährigen es überhaupt hierher geschafft haben, aber sie haben sich wohl bei den schwierigen Stellen gegenseitig hoch gezogen, wo ich selbst ich ja gerade so hoch gekommen bin. Gutes Teamwork, das muss man den Jungs lassen.
Auch hinunter ist es wieder ein ziemliches Gekraksel, aber nach zwei weiteren Stunden komme ich sicher am Parkplatz an.
Von hier fahre ich nach Latrobe, wo ich mich mit Jude und Dean in einem Restaurant treffe. Die beiden sind Rentner, aber trotzdem zu zweit mit Motorrad unterwegs. Sie wollten eigentlich nach Südamerika reisen, aber Corona hat ihnen einen Strich durch die Rechnung gemacht. Nun warten sie noch auf ihren Beiwagen, den sie aus Deutschland in ein paar Monaten geliefert bekommen werden. Ein weiterer schöner Abend mit vielen guten Geschichten.
Am nächsten Morgen ist meine Reise in Tasmanien dann zuende. Ich fahre wieder nach Devonport zur Spirit of Tasmania. Hier treffe ich auch wieder Susanne und Dietmar, die die gleiche Überfahrt gebucht hatten. Auch mit ihnen rede ich lange über ihre und meine Reisen. Da vergeht die 10 Stunden Überfahrt auch wieder schneller als gedacht.
Und das waren meine 18 Tage in Tasmanien. Ich habe wieder viel erlebt und bin wirklich froh, dass ich diesen Trip noch unternehmen konnte, denn ab jetzt heißt es nur noch: arbeiten.
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